GRÜNE und LINKE fordern die medizinische Versorgung von Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus

Zais: Medizinische Versorgung ist ein Menschenrecht!

Die Mehrheit der Mitglieder des Landtagsausschusses für Soziales, Verbraucherschutz, Gleichstellung und Integration hat in der heutigen Sitzung den Antrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE ‚Medizinische Versorgung von Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus (Sans-Papiers) im Freistaat Sachsen‘ (Drs. 6/2182) abgelehnt.

Dazu erklärt Petra Zais, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag: „Das von uns geforderte Modellprojekt zur medizinischen Versorgung von Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus soll eine real existierende Lücke schließen. Wird illegalisierten Menschen die frühzeitige medizinische Versorgung vorenthalten, kann dies Folgeprobleme wie chronische oder besonders schwere Verläufe von Krankheiten auslösen. Die Frage der medizinischen Versorgung muss von aufenthalts- und kostenrechtlichen Fragen getrennt werden, denn sie ist ein Menschenrecht.“

Juliane Nagel, asylpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag ergänzt:

„Die Argumente der Regierungsfraktionen sind fadenscheinig. Papierlose nehmen medizinische Versorgung nur in Anspruch, wenn es nicht mehr anders geht. Nur im Falle der Notversorgung kann die Anonymität über den verlängerten Geheimnisschutz tatsächlich gewahrt werden. Eine reguläre und frühzeitige Versorgung ist zumeist nicht möglich. Das Modellprojekt soll nicht – wie von den Konservativen behauptet – Illegalität fördern, sondern den Betroffenen durch eine angegliederte Aufenthaltsberatung auch Möglichkeiten zum legalen Aufenthaltsstatus aufzeigen.“

„Mit unserem Antrag wollen wir den verschiedenen Seiten Sicherheit geben: Den Betroffenen, um die Verschlechterung und Chronifizierung von Krankheiten vorzubeugen und Ärztinnen und Ärzten und Krankenhäusern, um Unsicherheiten bei der Abrechnung der Behandlungskosten beizukommen. Ein Modellprojekt in Sachsen könnte zudem die zahlreichen Ehrenamtlichen entlasten, die sich vor allem in den Medinetzen in ihrer Freizeit um die Versorgung von illegalisierten Menschen bemühen“, bekräftigen Zais und Nagel.

„Wir bleiben bei der Forderung nach einem Modellprojekt und planen deshalb im aktuellen Haushaltsverfahren für den Doppelhaushalt 2017/2018 einen entsprechenden Änderungsantrag einzubringen“, kündigen die beiden Abgeordneten an.

Hintergrund:
>> Antrag ‚Medizinische Versorgung von Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus (Sans-Papiers) im Freistaat Sachsen‘ (pdf-Datei, Drs. 6/2182)

Nach Aussage von Medinetz Leipzig halten sich im Freistaat Sachsen ca. 10.000 bis 15.000 Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstaus (Sans-Papiers) auf. Als Sans-Papiers werden Menschen bezeichnet, die zwar in der Regel ein Identitätspapier besitzen, aber für das Land, in dem sie leben, keine Aufenthaltsbewilligung haben. In Sachsen betrifft das nach Angaben von Medinetz nicht nur Geflüchtete, sondern auch über viele Jahre hier lebende Migrantinnen und Migranten, wie z. B. ehemalige vietnamesische Vertragsarbeiterinnen und Vertragsarbeiter.

Wenn Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus erkranken, >>gehen sie oftmals sehr spät zum Arzt aus Angst, entdeckt und abgeschoben zu werden. Nicht selten endet dies im medizinischen Notfall<<, heißt es in einer Informationsbroschüre der Bundesärztekammer.

Gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz des Bundesministerium des Innern vom 26. Oktober 2009 sind Sozialämter bei der Gewährung von medizinischen Notfallbehandlungen nicht verpflichtet, Daten über das Fehlen eines Aufenthaltstitels an die Ausländerbehörden weiter zu geben (verlängerte Geheimnisschutz). (siehe „Zu § 88 – Übermittlungen bei besonderen gesetzlichen Verwendungsregelungen“)

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